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Institut für Ur- und Frühgeschichte und
Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen

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Das Oppidum von Bramefan,
Gemeinde Puyloubier, Dép. Bouches-du-Rhône

Jörg Bofinger(joerg.bofinger@student.uni-tuebingen.de) , Petra Schweizer, Michael Strobel

Die Ausgrabungen im Oppidum von Bramefan, die bereits seit 1992 laufen, sind Teil eines interdiziplinären Forschungsprojekts zur Besiedlungs- und Landschaftsgeschichte der Region um das Bergmassiv des Mont Sainte Victoire bei Aix-en-Provence.

Das Oppidum liegt auf der Südseite des Berges am östlichen Endes des Massivs, ca. 2 km nordöstlich der Gemeinde Puyloubier.
Die besiedelte Fläche erstreckt sich ab der halben Hanghöhe bis zum Fuße des Steilabfalls des Gebirges und beherrscht die Ebene des Arc (Abb. 1).

Abb.1Abb.1

Die ersten Sondagen auf der unteren Terrasse wurden 1994 erweitert, um einen Schnitt durch diesen Bereich der Siedlung zu erhalten. Die Hauptziele der Grabungskampagne 1994 bestanden darin, die Sondagen bis auf den anstehenden Fels abzutiefen, bisher gewonnene Ergebnisse zu überprüfen, die Datierung der einzelnen Besiedlungsphasen zu präzisieren, Siedlungsbefunde aufzudecken und den Nachweis von frühen Siedlungsspuren (5. Jhdt. v. Chr.) in situ zu erbringen.

Obere Terasse:
Bereits 1992 und 1993 wurden zwei inschriftenlose Stelen aus Sandstein, von denen eine Verzierungen trug, im oberen Bereich des Oppidums entdeckt. Diese Blöcke, die während der letzten Besiedlungsphase des Oppidums (Bramefan II) sekundär verbaut wurden, belegen möglicherweise die Existenz eines Heiligtumes aus der Zeit des 5. Jahrhunderts v. Chr..
Auf einem Begehungshorizont konnten Reste von Feuerstellen und Gußreste nachgewiesen werden. Sie scheinen zu einer Zone handwerklicher Aktivitäten zu gehören, wo in bescheidenem Rahmen Metall verarbeitet wurde. Die Umfassungsmauer des Oppidums ruht entweder direkt auf dem anstehenden Kalkfelsen oder auf einer lehmigen Auffüllschicht, die stark mit Bruchsteinen und Keramik durchsetzt ist. Die Funde und die stratigraphische Verknüpfung zwischen Planierschicht und Laufniveau legen nahe, daß der Ort bereits einige Zeit besiedelt war, bevor er befestigt wurde.

Untere Terrasse:
Auf der unteren Terrasse wurden zwei parallel verlaufende Mauern freigelegt. Sie gehören zu einem relativ großen Gebäude, das wahrscheinlich in West-Ost-Richtung ausgerichtet war und sich der natürlichen Orientierung der Terrasse anpaßte. Die genauen Ausmaße dieses Baus und sein detaillierter Grundriß sind noch unbekannt. Das Begehungsniveau, das mit diesen Mauern in Verbindung gebracht werden kann, wird durch ein in situ zerbrochenes, großes Vorratsgefäß (dolium) angezeigt, sowie durch Reste einer Feuerstelle und einer kreisförmigen Steinkonstruktion. In der Zerstörungsschicht und im Versturz lagen Ziegelbruchstücke (tegulae und imbrices), späte Campana A-Ware, Bruchstücke von italischen Weinamphoren (Dressel I A) und eine Fibel vom Typ "Nauheim". Diese Funde erlauben, diese letzte Phase der Besiedlung zwischen dem ersten Jahrhundert und der augusteischen Epoche zu datieren (Bramefan II b).
Eine frühere Phase (Bramefan II a) ist durch ein Niveau belegt, auf dem - überlagert von einer der beiden Mauern - eine Herdstelle sowie Pflasterungen aus Scherben und Steinen freigelegt wurden. Neben einem der Pflaster aus Dolia-Scherben konnten zwei vollständige Campana-Teller der Form Lamboglia 5/7 (mittlere Campana A) in situ gefunden werden (Abb. 2). Hierbei handelt es sich möglicherweise um ein Areal zur Nahrungsvorbereitung, Verzehr und Vorratshaltung im Inneren einer Hütte, deren Grundriß und Ausmaße noch im Dunkeln liegen.

Abb.2Abb.2

Die Befunde dieser Besiedlungsphase (Bramefan II) liegen auf relativ dicken Kolluvien, die sehr viel Fundmaterial enthalten. Es handelt sich um mehrere Kilo sogenannter "céramique indigène". Einige charakteristische Elemente (facettierte Ränder, feine Ritzverzierung etc.) erlauben, den Komplex ans Ende der frühen und an den Beginn der späten Eisenzeit zu datieren (Bramefan I). Eine drahtförmige keltische Fibel, die dem Typ "Marzabotto" nahesteht, zwei massaloitische Obolen vom frühen Typus, ein Nagelschneider (scalptorium) aus Bronze sowie Fragmente etruskischer Amphoren und Amphoren aus Marseille, attisch-schwarzfigurige Keramik und pseudo-ionische Ware aus Marseille bestätigen diesen Datierungsansatz und erlauben die Dauer der Beseidlung auf die Zeit zwischen 525 und 375 v. Chr. einzugrenzen. Diese Schichten enthalten darüberhinaus viele botanische Makroreste sowie Tierknochen, deren Bearbeitung interessante Ergebnisse zur Landwirtschaft erwarten lassen.
Leider konnten noch keinerlei Siedlungsbefunde aus dieser Phase (Bramefan I) beobachtet werden. Die kreidezeitlichen Sedimente sind bis jetzt allerdings noch nicht überall erreicht, so daß vielleicht noch solche Befunde freigelegt werden können.

Die Kleinfunde und die Keramik sowie die Stelen legen die Existenz einer bedeutenden vorrömischen Siedlung zu Beginn der späten Eisenzeit nahe, die älteste, die bislang auf der Südflanke des Mont Ste. Victoires überhaupt bekannt ist. Diese Siedlung scheint in enger Verbindung zu mehreren Fundstellen zu stehen, die im Zuge jüngster Prospektionen auf der Gemarkung von Puyloubier sowohl in der Ebene (La Tour, Richeaume, La petite Rouvière) als auch am Berghang (Le Mitronet) entdeckt wurden.
Diese Arbeiten erlauben, die ältesten vorrömischen Siedlungen des Massivs besser zu verstehen, einerseits hinsichtlich ihrer Architektur, andererseits hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Umwelt.


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ufg-info@uni-tuebingen.de(ufg-info@uni-tuebingen.de) - Stand: 28. August 1995